Schwangerschaft ab 35+: Was Sie unbedingt vor der Familienplanung wissen müssen

Die Verbindung zwischen Schwangerschaft und Alter ist heutzutage relevanter denn je, da immer mehr Frauen in Deutschland ihre Familienplanung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Tatsächlich bekommen Frauen in Deutschland durchschnittlich erst mit 30 Jahren ihr erstes Kind. Im Jahr 2015 wurden sogar rund 34.000 Babys von Müttern geboren, die zwischen 40 und 44 Jahren alt waren.
Allerdings wird eine Schwangerschaft ab dem 35. Lebensjahr nach wie vor als Risikoschwangerschaft eingestuft. Ab wann ist es eine Risikoschwangerschaft? Grundsätzlich gilt: Ist die Schwangere über 35 oder unter 18 Jahre alt, wird die Schwangerschaft automatisch als Risikoschwangerschaft betrachtet. Dies hat gute Gründe, denn mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit für gesundheitliche Komplikationen. So ist beispielsweise das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes und Blutdruckprobleme bei älteren Frauen erhöht. Zudem nimmt die Wahrscheinlichkeit für genetische Auffälligkeiten wie das Down-Syndrom zu – während bei Frauen zwischen 25 und 29 Jahren etwa zehn von 10.000 ein Kind mit Down-Syndrom erwarten, sind es bei Frauen zwischen 35 und 39 Jahren bereits 52 von 10.000.
In diesem Artikel erfahren wir, welche Faktoren bei der Familienplanung in höherem Alter zu beachten sind, welche Vorsorgeuntersuchungen besonders wichtig werden und warum eine spätere Schwangerschaft trotz gewisser Risiken auch zahlreiche Vorteile mit sich bringen kann.
Warum das Alter bei der Familienplanung eine Rolle spielt
Das biologische Alter spielt bei der Familienplanung eine entscheidende Rolle, obwohl dieser Faktor häufig unterschätzt wird. Einer Studie zufolge führten nur sechs Prozent der Frauen und Männer zwischen 30 und 34 Jahren einen unerfüllten Kinderwunsch auf ihr eigenes Alter zurück.
Veränderte Lebensentwürfe und spätere Kinderwünsche
In den letzten Jahrzehnten hat sich ein deutlicher Trend zur späteren Elternschaft entwickelt. Die Gründe hierfür sind vielfältig: längere Ausbildungszeiten, berufliche Etablierung, finanzielle Absicherung und der Wunsch nach Selbstverwirklichung. Außerdem führen zuverlässigere Verhütungsmethoden und fortschrittlichere Kinderwunschbehandlungen dazu, dass viele Paare ihre Familienplanung bewusst nach hinten verschieben.
Das Aufschieben der ersten Geburt vergrößert allerdings die Wahrscheinlichkeit, kinderlos zu bleiben. Demografen und Soziologen beobachten, dass sich Frauen und Männer mit zunehmendem Alter an einen Lebensstil ohne Kind gewöhnen können. Darüber hinaus unterschätzen viele Frauen, wie stark ihre Fruchtbarkeit bereits ab dem 30. Lebensjahr abnimmt.
Statistische Entwicklung in Deutschland
Der Altersanstieg bei Müttern lässt sich klar belegen: Während Frauen 1991 bei der Geburt eines Kindes durchschnittlich knapp 28 Jahre alt waren, lag das Durchschnittsalter 2019 bereits bei 31,5 Jahren. Bei Vätern stieg das Alter im selben Zeitraum von 31 auf 34,6 Jahre.
Aktuell liegt das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt eines Kindes in Deutschland bei 31,7 Jahren, bei Erstgeburten bei 30,3 Jahren. Bemerkenswert sind auch die regionalen Unterschiede: In Hamburg bekommen Frauen ihr erstes Kind durchschnittlich mit 31,5 Jahren, in Sachsen-Anhalt hingegen bereits mit 28,5 Jahren.
Ab wann ist es eine Risikoschwangerschaft?
Aus medizinischer Sicht gilt eine Schwangerschaft bei Erstgebärenden ab 35 Jahren und bei Mehrgebärenden ab 40 Jahren automatisch als Risikoschwangerschaft. Tatsächlich tragen Frauen zwischen 20 und 29 Jahren das niedrigste Risiko für Komplikationen.
Dennoch bedeutet die Bezeichnung "Risikoschwangerschaft" nicht zwangsläufig, dass Komplikationen auftreten werden. Die meisten älteren Erstgebärenden durchlaufen eine normale Schwangerschaft. Allerdings hat die Zahl der Frauen, die zwischen 35 und 39 Jahren ihr erstes Kind bekommen, in den letzten 20 Jahren deutlich zugenommen. Mittlerweile gelten etwa 75 Prozent aller Schwangerschaften in Deutschland als Risikoschwangerschaften.
Gesundheitliche Risiken für Mutter und Kind
Mit zunehmendem Alter steigen bestimmte gesundheitliche Risiken in der Schwangerschaft merklich an, weshalb eine umfassende Vorsorge besonders wichtig wird.
Häufigere Komplikationen wie Bluthochdruck und Diabetes
Frauen über 35 Jahre entwickeln deutlich häufiger Schwangerschaftsdiabetes – etwa 19,4% der über 40-Jährigen im Vergleich zu 8,7% bei 30-34-Jährigen. Außerdem leiden ältere Schwangere öfter unter Bluthochdruck und Präeklampsie. Das Risiko für eine Präeklampsie steigt ab dem 40. Lebensjahr sogar exponentiell an. Diese Erkrankungen erfordern eine engmaschige Überwachung, da sie schwerwiegende Folgen für Mutter und Kind haben können.
Erhöhtes Risiko für genetische Auffälligkeiten
Die Wahrscheinlichkeit für Chromosomenstörungen wie Trisomie 21 nimmt mit dem Alter der Mutter zu. Während bei 25-jährigen Frauen etwa 8 von 10.000 Geburten eine Trisomie 21 aufweisen, steigt dies bei 35-Jährigen auf 29 von 10.000 und bei 40-Jährigen sogar auf 100 von 10.000 Kinder. Allerdings ist wichtig zu verstehen: Bei einer einzelnen Frau steigt das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen kaum mit zunehmendem Alter.
Fehl- und Frühgeburten
Das Risiko für Frühgeburten ist sowohl bei sehr jungen Frauen (unter 19) als auch bei Frauen über 40 signifikant erhöht. Bei über 40-jährigen Schwangeren liegt die Rate der Frühgeburten bei 7,8%, während sie bei 30-34-Jährigen nur 5,7% beträgt. Darüber hinaus steigt die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt mit höherem Alter, insbesondere im ersten Schwangerschaftsdrittel.
Einfluss des Alters auf die Geburt
Mit zunehmendem Alter verlängert sich häufig die Geburtsdauer, besonders die Austreibungsphase. Infolgedessen nimmt die Kaiserschnittrate deutlich zu – während in der Altersgruppe 20-35 Jahre noch 64,64% der Mütter spontan gebären, sind es bei Frauen über 45 Jahren nur noch 26,28%. Gleichzeitig steigt das Risiko für ein niedriges Geburtsgewicht des Kindes. Bei Müttern über 45 Jahren kommen 2,37% der Kinder mit einem extrem niedrigen Geburtsgewicht unter 1.000g zur Welt, verglichen mit nur 0,53% bei 20-35-jährigen Müttern.
Trotz dieser statistischen Risiken verlaufen die meisten Schwangerschaften auch bei älteren Frauen ohne Komplikationen. Eine frühzeitige und regelmäßige Vorsorge ist jedoch entscheidend.
Wichtige Vorsorgeuntersuchungen ab 35
Für werdende Mütter ab 35 Jahren bietet die moderne Medizin zahlreiche spezielle Vorsorgeuntersuchungen an, die ein höheres Maß an Sicherheit bieten können. Diese zusätzlichen Tests werden teilweise von den Krankenkassen übernommen, da sie bei älteren Schwangeren besonders sinnvoll sind.
Erst-Trimester-Screening und Nackenfaltenmessung
Das Erst-Trimester-Screening wird zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt und umfasst eine Ultraschalluntersuchung zur Messung der Nackenfalte des Kindes. In Kombination mit einer Blutuntersuchung (ß-HCG und PAPP-A-Wert) steigt die Entdeckungsrate für Chromosomenstörungen von 70% auf etwa 85-90%. Zudem wird das Risiko für die Entwicklung eines Bluthochdrucks und einer Präeklampsie berechnet. Die Kosten von 120 bis 250 Euro werden allerdings nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Nicht-invasive Pränataltests (NIPT)
Der NIPT ist ein Bluttest, der ab der 10. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden kann und kindliches Erbgut aus dem mütterlichen Blut untersucht. Mit einer Erkennungsrate von über 99% für Trisomie 21 bietet er hohe Zuverlässigkeit ohne Fehlgeburtsrisiko. Seit 2022 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten, wenn Ärztin oder Arzt und Schwangere gemeinsam entscheiden, dass der Test sinnvoll ist. Ein auffälliges Ergebnis muss jedoch durch invasive Methoden bestätigt werden.
Fruchtwasseruntersuchung und Chorionzottenbiopsie
Diese invasiven Verfahren liefern definitive Diagnosen. Die Chorionzottenbiopsie kann bereits ab der 11. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden, während die Fruchtwasseruntersuchung ab der 16. Woche möglich ist. Bei beiden Methoden wird unter Ultraschallkontrolle eine dünne Nadel durch die Bauchdecke eingeführt. Das Fehlgeburtsrisiko liegt bei beiden Verfahren bei etwa 0,5-1%. Bei Frauen über 35 Jahren werden die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Regelmäßige Kontrollen von Blutdruck und Blutzucker
Da das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes und Bluthochdruck mit dem Alter steigt, sind regelmäßige Kontrollen besonders wichtig. Der Zuckerbelastungstest wird zwischen der 25. und 28. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Wird im Ersttrimester-Screening ein erhöhtes Risiko für Präeklampsie festgestellt, kann durch die tägliche Einnahme von Thrombo ASS 150mg das Risiko um 80% gesenkt werden.
Beratung zur individuellen Risikoeinschätzung
Neben dem Alter sind auch Lebensstil, allgemeiner Gesundheitszustand und eventuelle Vorerkrankungen entscheidend für die Risikobeurteilung. Daher ist eine individuelle Beratung unerlässlich. Die Bezeichnung "Risikoschwangerschaft" bedeutet nicht zwangsläufig, dass Komplikationen auftreten werden, sondern dass bestimmte Werte und Befunde besonders beachtet werden. Wichtig ist vor allem die regelmäßige Teilnahme an allen empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen.
Vorteile einer späten Schwangerschaft
Trotz der medizinischen Risikofaktoren bietet eine späte Schwangerschaft zahlreiche bemerkenswerte Vorteile. Wissenschaftliche Studien belegen, dass Kinder älterer Mütter durchschnittlich größer, gesünder und gebildeter sind. Diese positiven Aspekte können die biologischen Risiken einer späten Schwangerschaft in gewissem Maß ausgleichen.
Gefestigte Lebenssituation und finanzielle Sicherheit
Späte Eltern verfügen häufig über eine stabile finanzielle Basis und eine gefestigte Partnerschaft. Beruflich gut etabliert, müssen sie sich nicht mehr um den Aufbau ihrer Karriere kümmern und können sich stattdessen stärker auf ihr Privatleben und ihr Kind konzentrieren. Diese wirtschaftliche Sicherheit wirkt sich positiv auf die gesamte Familiensituation aus. Darüber hinaus können ältere Eltern ihren Kindern mehr Bildungsmöglichkeiten bieten – von der Nachhilfe bis zu außerschulischen Aktivitäten.
Bewusste Entscheidung für ein Kind
Kinder, die in fortgeschrittenem Alter geboren werden, sind in der Regel bewusst gewollte Wunschkinder. "Späte Erstkinder sind das Ergebnis einer lange abgewägten Entscheidung und erfahren oft eine andere Beachtung als Kinder jüngerer Eltern," betont der Psychologe Dominik Schöbi. Ältere Eltern genießen das Zusammensein mit ihren Kindern bewusster und empfinden sie weniger als Einschränkung, sondern vielmehr als Bereicherung.
Gesünderer Lebensstil und bessere Vorbereitung
Menschen, die sich spät für ein Kind entscheiden, leben oft gesundheitsbewusster. Sie haben meist eine gute körperliche Verfassung, nehmen Vorsorgeuntersuchungen ernst und sind gut informiert. Eine Studie mit Müttern, die nach dem 35. Lebensjahr ihr erstes Kind bekamen, zeigte, dass diese mehr auf ihr Kind eingehen als jüngere Mütter. Zusätzlich fördern sie ihr Kind sowohl emotional als auch intellektuell intensiver.
Mehr Reife und Gelassenheit im Umgang mit Herausforderungen
Mit zunehmendem Alter entwickeln viele Menschen mehr Geduld und Gelassenheit. Diese Eigenschaften erweisen sich im Familienalltag als äußerst wertvoll. Späte Väter nehmen sich nachweislich mehr Zeit für ihre Kinder. Studien bestätigen, dass ältere Väter das "Projekt Familiengründung" bewusster angehen und die Vaterrolle intensiver ausleben möchten. Wissenschaftler haben außerdem festgestellt, dass späte Eltern:
Häufig geduldiger sind
Eine stärkere Bindung zu ihren Kindern aufbauen
Besser ausgeprägte Fähigkeiten zum Zuhören und zur Empathie mitbringen
Wie ein Entwicklungspsychologe treffend zusammenfasst: "Ob die Eltern 20, 40 oder 60 Jahre alt sind – Kinder brauchen vor allem liebevolle und kompetente Eltern".
Fazit
Die Entscheidung für ein Kind in fortgeschrittenem Alter bringt zweifelsohne sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Einerseits steigen bestimmte gesundheitliche Risiken wie Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck und genetische Auffälligkeiten. Andererseits bietet eine späte Schwangerschaft zahlreiche Vorteile: finanzielle Sicherheit, bewusstere Elternschaft und mehr Gelassenheit im Umgang mit den täglichen Herausforderungen des Familienlebens.
Unbedingt sollten Frauen über 35 die empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Erst-Trimester-Screening, nicht-invasive Pränataltests und regelmäßige Kontrollen von Blutdruck und Blutzucker tragen wesentlich zur Sicherheit von Mutter und Kind bei. Obwohl eine Schwangerschaft ab 35 Jahren als Risikoschwangerschaft eingestuft wird, bedeutet dies keineswegs, dass zwangsläufig Komplikationen auftreten werden.
Tatsächlich zeigen Studien, dass Kinder älterer Eltern oft von deren Reife, Geduld und stabilen Lebenssituation profitieren. Der gesellschaftliche Trend zur späteren Familienplanung spiegelt deshalb auch die veränderten Lebensentwürfe wider, bei denen Ausbildung, berufliche Etablierung und Selbstverwirklichung zunächst im Vordergrund stehen.
Letztendlich hängt eine glückliche und gesunde Schwangerschaft von vielen individuellen Faktoren ab – das Alter stellt dabei nur einen von mehreren Aspekten dar. Frauen sollten daher ihre Familienplanung basierend auf ihrer persönlichen Situation, ihren Wünschen und einer umfassenden medizinischen Beratung gestalten. Frühzeitige Information und Vorbereitung bilden dabei den Schlüssel für einen positiven Schwangerschaftsverlauf – unabhängig vom Alter der werdenden Mutter.
![]() | Marie Hoffmann ist leidenschaftliche Bloggerin und Expertin für Themen rund um Schwangerschaft, Babyalltag und Babyausstattung. Als Mutter von zwei Kindern kennt sie die kleinen und großen Herausforderungen, die junge Eltern täglich begleiten. Mit viel Einfühlungsvermögen und einer großen Portion Neugier teilt Marie ihre persönlichen Erfahrungen, gibt praktische Tipps und spricht offen über Unsicherheiten und Fragen, die viele Eltern beschäftigen. |
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