Großeltern als Familienhelfer: Was moderne Familien wirklich brauchen

Großeltern spielen heutzutage eine bedeutendere Rolle im Familienleben als je zuvor. In Zeiten beruflicher Doppelbelastung, steigender Lebenshaltungskosten und komplexer werdender Familienstrukturen sind sie zu unverzichtbaren Stützen geworden. Tatsächlich übernehmen viele Großeltern nicht mehr nur die klassische Rolle der gelegentlichen Besucher mit Süßigkeiten, sondern fungieren als aktive Mitgestalter im Alltag ihrer Kinder und Enkelkinder. Dieser Wandel bringt jedoch sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich. Während einerseits die praktische und emotionale Unterstützung durch Großeltern für viele Familien existenziell wichtig ist, entstehen andererseits neue Fragen zur Rollenverteilung und Abgrenzung. Dieser Artikel beleuchtet deshalb die vielschichtige Bedeutung der Großeltern in modernen Familienstrukturen und zeigt auf, was Familien wirklich brauchen, um diese wertvolle Ressource optimal zu nutzen.
Wie sich die Rolle der Großeltern verändert hat
Die Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln hat sich im Laufe der Geschichte tiefgreifend gewandelt. Was früher durch starre Hierarchien geprägt war, zeichnet sich heute durch emotionale Nähe und aktive Beteiligung aus. Ein Blick auf diese Entwicklung zeigt, wie sehr sich die Rolle der Großeltern verändert hat.
Früher: Traditionelle Rollenbilder
Der Begriff "Großeltern" ist erstaunlicherweise relativ jung. Im Deutschen wurde das Wort erstmals 1576 verwendet. Davor waren es einfach "alte Menschen", ohne spezifische familiäre Rollenbezeichnung. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war die Großelternrolle kaum institutionalisiert.
In traditionellen Familienstrukturen herrschte eine klare Ordnung. Der Großvater trat oft als strenger Patriarch und Lehrmeister auf, während die Großmutter später als moralische Instanz der Familie an Bedeutung gewann. Diese Rollenbilder waren in festen Verhältnissen verankert - die Vorstellungen davon, was Großeltern tun sollten, entwickelten sich erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts.
Die frühere Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln war stark durch Autorität geprägt. Ein anschauliches Beispiel liefert der Wiener Soziologe Leopold Rosenmayr mit seiner Erinnerung an den Großvater, der seinem Enkel im Garten einen Segen gab - keine liebevolle Beziehung im heutigen Sinne, sondern ein patriarchalischer Akt.
Heute: Aktive Mitgestalter im Familienleben
Heutige Großeltern gestalten ihre Rolle deutlich vielfältiger. Statt starrer Rahmungen sind Aushandlungsprozesse getreten. Die früher oft negativ behaftete Vorstellung von Großeltern - etwa dass sie ihre Enkel verwöhnen würden - ist einer überwiegend positiven Sichtweise gewichen.
Moderne Großeltern treten seltener als Erzieher auf und fühlen sich eher für den Freizeitspaß zuständig. Die Forschung unterscheidet heute verschiedene Typen von Großeltern: formelle Großeltern, die sich nicht in die Erziehung einmischen; spaßsuchende Großeltern, die sich als Freunde verstehen; Ersatzeltern; Bewahrer der Familienweisheit; und distanzierte Großeltern.
Bemerkenswert ist: Über 80 Prozent der Großeltern erleben ihre Rolle als überaus positiv. Mehr als 70 Prozent finden das Großmuttersein sogar schöner als ihr einstiges Muttersein, da sie die Beziehung ohne eigene Erziehungsverantwortung genießen können. In Deutschland bezeichnen 55,8 Prozent der Großeltern ihre Rolle als sehr wichtig und weitere 36,2 Prozent als wichtig.
Einfluss gesellschaftlicher Entwicklungen
Die veränderte Großelternrolle ist auch Folge demografischer Entwicklungen. Die gemeinsame Lebenszeit mit Enkeln hat sich deutlich verlängert: Während um 1900 Großmütter ihre Enkel durchschnittlich nur 22 Jahre lang erlebten und Großväter sogar nur sieben Jahre, sind es für 1940 geborene Großmütter bereits 32 Jahre und für Großväter 26 Jahre.
Gleichzeitig sinkt die Anzahl der Enkelkinder. In Deutschland berichten etwa 23 Prozent der 70- bis 85-Jährigen, keine Enkelkinder zu haben. Werdende Großeltern sind zudem älter geworden: 2014 waren sie bei Geburt des ersten Enkelkindes durchschnittlich 52,6 Jahre alt - ein Jahr mehr als noch 2008.
Die Diversifizierung von Lebensformen führt auch zu diverseren Stilen von Großelternschaft. Patchwork-Konstellationen, gleichgeschlechtliche Eltern oder Scheidungen im späten Lebensalter verändern die Familienlandschaft und damit die Rolle der Großeltern. Manchmal haben Kinder in Patchwork-Familien heute gleich sechs oder acht Großeltern.
Gesellschaftliche Veränderungen wirken sich zudem auf das Selbstverständnis der Großeltern aus. Viele Großeltern stehen noch im Berufsleben oder wollen, wenn sie in Rente gehen, nicht alles auf die Betreuung der Enkel ausrichten, sondern auch ihr eigenes Leben genießen. Diese Selbstbestimmung findet breite Zustimmung: 76 Prozent der Befragten plädieren dafür, dass Großeltern den Kontakt zu ihren Enkelkindern selbstbestimmt gestalten und dabei auch eigene Interessen verfolgen können.
Dennoch bleibt die Beziehung zu den Enkeln ein wichtiger Lebensaspekt. Acht Prozent der Großeltern treffen ihre Enkel täglich, 17 Prozent ein- bis zweimal wöchentlich und 31 Prozent mehrmals im Monat. Diese Kontakte gestalten sich meist intensiver, je näher Großeltern und Enkelkinder beieinander wohnen.
Warum Großeltern heute unverzichtbar sind
In Deutschland stellen Großeltern eine tragende Säule im Familiengefüge dar. Was früher eine gelegentliche Unterstützung war, hat sich zu einer systemrelevanten Funktion entwickelt. Die Zahlen belegen eindrucksvoll, wie unverzichtbar Oma und Opa im Alltag vieler Familien geworden sind.
Unterstützung bei der Kinderbetreuung
Fast 70 Prozent der Großeltern betreuen regelmäßig ihre Enkelkinder, um berufstätige Eltern zu entlasten. Diese Betreuungsleistung ist beeindruckend: Über 30 Prozent verbringen durchschnittlich 3-8 Stunden pro Woche mit ihren Enkeln, ein weiteres Drittel sogar 9-20 Stunden wöchentlich. Statistisch betrachtet kümmern sich betreuende Großeltern etwa 456 Stunden im Jahr um ihre Enkel – zusammengerechnet ergibt das deutschlandweit 2,7 Milliarden Stunden.
Laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg sind Großeltern nach den Eltern und Kinderbetreuungseinrichtungen die wichtigste Betreuungsinstanz. Tatsächlich beziehen 23 Prozent der Eltern mit mindestens einem Kind bis sechs Jahren regelmäßig die Großeltern zur Betreuung mit ein. Bei Kindern unter drei Jahren werden sogar etwa 30 Prozent regelmäßig von Oma und Opa versorgt.
Diese Betreuungsleistung hat zudem einen erheblichen wirtschaftlichen Wert. Würde man die Betreuungsstunden mit dem Mindestlohn vergüten, beliefen sich die Lohnkosten auf 25,7 Milliarden Euro. Dennoch sagen über 70 Prozent der Großeltern, dass sie diese Aufgabe "einfach gerne" machen.
Emotionale Stabilität für Kinder
Großeltern bieten mehr als nur praktische Hilfe – sie sind wichtige emotionale Ankerpunkte. Als dauerhafte Bindungspartner und zuverlässiger Beistand vermitteln sie den Kindern emotionale Stabilität und vor allem Beziehungskontinuität. Besonders in schwierigen Familiensituationen wie Trennungen oder bei berufsbedingtem Stress der Eltern können sie einen sicheren Hafen bieten.
Die enge Verbundenheit zeigt sich auch in Zahlen: 83 Prozent der Großeltern berichten von einer engen bis sehr engen Beziehung zu ihren Enkelkindern. Fast die Hälfte der Enkelkinder wendet sich bei Problemen an die Großmutter als Gesprächspartnerin, etwas weniger an die Großväter.
Diese besondere Beziehung hat nachweislich positive Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder. Sie sind emotional stabiler und zeigen weniger Verhaltensauffälligkeiten. Zudem fördert das intergenerationale Wissen die Resilienz der Kinder – sie verstehen besser, dass sie Teil von etwas Größerem sind.
Entlastung berufstätiger Eltern
Ohne Großeltern wäre die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für viele Eltern nicht möglich. Etwa die Hälfte aller Kinder unter sechs Jahren wird mithilfe der Großeltern aufgezogen. Diese Unterstützung ermöglicht es besonders Müttern, beruflich aktiv zu bleiben oder schneller in den Beruf zurückzukehren.
Die räumliche Nähe spielt dabei eine entscheidende Rolle: Fast die Hälfte der Erwachsenen mit eigenen Kindern in Baden-Württemberg lebt maximal zehn Minuten von den Eltern oder Schwiegereltern entfernt. Dies unterstreicht, wie wichtig vielen Familien die Unterstützung durch Großeltern ist.
Darüber hinaus leisten Großeltern auch finanzielle Unterstützung: Mehr als die Hälfte gibt jährlich etwa 50 bis 250 Euro für Geschenke aus, fast 45 Prozent sogar mehr als 250 Euro. Rund 37 Prozent verbringen regelmäßig gemeinsame Urlaube mit ihren Enkeln und unterstützen hier die Familien finanziell. Für Mittagessen, Fahrten und Kleidung geben 43,5 Prozent zwischen 50 und 250 Euro monatlich aus.
Folglich ist es nicht verwunderlich, dass zwei Drittel aller Eltern, die bisher keine Hilfe von Großeltern beanspruchen, sich deren Einbeziehung in die Kinderbetreuung wünschen. Die moderne Familie braucht Großeltern heute mehr denn je – als Betreuungspersonen, emotionale Stützen und als unverzichtbaren Teil eines funktionierenden Familiensystems.
Die besondere Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln
Die emotionale Verbindung zwischen Großeltern und ihren Enkeln ist eine einzigartige und wertvolle Bereicherung im Familienleben. Diese besondere Beziehung bietet beiden Generationen tiefgreifende Vorteile, die weit über gelegentliche Besuche hinausgehen.
Vertrauen und Geborgenheit
Großeltern schaffen für ihre Enkelkinder einen sicheren emotionalen Hafen. Studien zeigen, dass sie als Vertrauenspersonen dienen, bei denen sich Kinder geborgen fühlen und mit denen sie Sorgen und Ängste teilen können. Diese zusätzliche emotionale Unterstützung fördert nachweislich das Wohlbefinden der Enkelkinder.
Tatsächlich beschreiben die meisten Enkelkinder ihre Großeltern als liebevoll, großzügig und kameradschaftlich. Das Wichtigste für sie ist dabei nicht etwa materielle Zuwendung, sondern dass Oma und Opa einfach da sind, sich Zeit nehmen und zuhören. Diese bedingungslose Akzeptanz ist besonders wertvoll in einer Zeit, in der Kinder vielen Leistungsanforderungen ausgesetzt sind.
Für Kinder bedeutet diese besondere Beziehung einen zweiten emotionalen Anker neben den Eltern. Die Forschung bestätigt: Je mehr liebevolle Bezugspersonen ein Kind um sich hat, desto besser kann es sich entwickeln. Bei den Großeltern finden die Kleinen jene Zuwendung, Halt und Zuspruch, die für ihre emotionale Entwicklung unverzichtbar sind.
Vermittlung von Werten und Traditionen
Großeltern sind Brücken zur Vergangenheit und vermitteln Werte, die das Leben ihrer Enkelkinder nachhaltig prägen. Sie tragen zum Erhalt kultureller Traditionen und Werte innerhalb einer Familie bei und helfen ihren Enkelkindern, ihre familiären Wurzeln zu verstehen.
Bemerkenswert ist, dass viele Großeltern ihre Werte nicht durch bewusste Belehrungen, sondern durch ihre Lebensweise vermitteln. Dabei stehen besonders soziale Werte im Vordergrund: Wohlwollen gegenüber anderen Menschen, Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit. Eine Befragung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge ergab, dass 72 Prozent der Befragten zustimmen, dass Enkel diese Werte zu einem erheblichen Teil bei und mit den Großeltern erleben.
Zudem sind Großeltern wichtige Geschichtenerzähler. Durch ihre Erzählungen über frühere Zeiten und Familiengeschichten schaffen sie für ihre Enkel ein Gefühl von Zugehörigkeit und Identität. Lebensgeschichtliche Erzählungen und die Weitergabe des familialen Gedächtnisses sind wesentliche Bestandteile dieser besonderen Beziehung.
Zeit und Aufmerksamkeit als Schlüssel
Die Qualität der gemeinsamen Zeit ist entscheidender als die Quantität. Großeltern sehen ihre Enkelkinder in der Regel nur für einen begrenzten Zeitraum, schenken ihnen dann jedoch ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Durch diese intensive Zuwendung fühlen sich Enkel besonders wichtig, geborgen und wertgeschätzt.
Gemeinsame Aktivitäten schaffen wertvolle Erinnerungen, die die Heranwachsenden in ihrer Persönlichkeit prägen und sich günstig auf ihre Entwicklung auswirken. Besonders wirksam sind gemeinsame Hobbys, die Großeltern und Enkel auf besondere Weise verbinden. Hierdurch unterscheidet sich diese Beziehung von anderen im Leben der Kinder und erhält einen einzigartigen Charakter.
Allerdings ist die räumliche Nähe ein wichtiger Faktor für die Intensität der Beziehung. Kinder bauen leichter eine enge Bindung zu ihren Großeltern auf, wenn diese in der Nähe wohnen. Bei größerer Entfernung helfen regelmäßige Treffen und moderne Kommunikationsmittel wie Videotelefonie, die Beziehung zu pflegen.
Die besondere Großeltern-Enkel-Beziehung ist folglich ein Geschenk, das beide Seiten bereichert. Sie schafft nicht nur glückliche Kindheitserinnerungen, sondern bildet auch ein wichtiges Fundament für die emotionale und soziale Entwicklung der Enkelkinder.
Kulturelle Unterschiede in der Großelternschaft
Weltweit betrachtet zeigt sich ein faszinierendes Mosaik an Großelternrollen. Von Polen bis China, von der Türkei bis Indien – die kulturellen Unterschiede in der Ausgestaltung der Großelternschaft sind beträchtlich und offenbaren verschiedene Vorstellungen davon, wie Familienleben funktionieren kann.
Aktive Erziehung vs. symbolische Rolle
In verschiedenen Kulturen variiert die Intensität der Großelternbeteiligung erheblich. In Polen beispielsweise ist die "Institution Oma" ein feststehender Begriff. Dort kümmern sich Großeltern häufig um sogenannte "Eurowaisen" – Kinder, deren Eltern in Deutschland oder England arbeiten und die von den Großeltern aufgezogen werden. Ähnlich aktiv sind Großeltern in Indien, wo sie traditionell stark in die Erziehung eingebunden sind und die Kinder teilweise vollständig großziehen.
Im Gegensatz dazu stehen europäische Familienmodelle, in denen Großeltern typischerweise nicht im selben Haushalt leben. Hier erhält die Kernfamilie (Eltern-Kind-Beziehungen) meist klare Priorität gegenüber den Beziehungen zur älteren Generation. Das europäische Wertsystem betont stärker die persönliche Freiheit und Selbständigkeit der verschiedenen Generationen, wodurch Eingriffe der Großeltern in die Erziehung oft zurückgewiesen werden.
Einfluss von Normen und Werten
Kulturelle Werte prägen maßgeblich, wie Großeltern ihre Rolle verstehen und ausfüllen. In kollektivistischen Gesellschaften ist die emotionale Nähe in Familien typischerweise stärker ausgeprägt als in individualistischen Kulturen. Während in manchen Kulturen den Großeltern eine hohe Autorität zugeschrieben wird, steht in anderen die familiäre Solidarität im Vordergrund.
Die amerikanische Familienforscherin bezeichnet Großmütter als "Innenminister", die sich mit den Beziehungen innerhalb der Familie beschäftigen, während Großväter oft als "Außenminister" fungieren, die sich um Finanzen, Ausbildung und Arbeitsplätze der Enkelkinder kümmern. Diese geschlechtsspezifischen Rollenbilder finden sich in ähnlicher Form in vielen Kulturen.
Bemerkenswert ist auch der Unterschied in der Begrifflichkeit: Während wir im Deutschen jeweils nur einen Begriff für Oma und Opa haben, existieren in China unterschiedliche Bezeichnungen für Großeltern – ein Detail, das Chinesen an der westlichen Praxis verwunderlich finden.
Was wir von anderen Kulturen lernen können
Die Vielfalt kultureller Vorstellungen von Großelternschaft bietet wertvolle Perspektiven. In den USA gelten Großeltern beispielsweise als "familiärer Mittelpunkt" und "Anker in der Familienbiografie" – ein Fixpunkt in einer Gesellschaft mit zahlreichen sozialen Härten. Sie fungieren dort als eine Art "inoffizielle Sozialversicherung" für viele Familien.
Faszinierend ist zudem, wie sich in verschiedenen Kulturen die Vorstellung von Autorität wandelt. In Kulturen und historischen Perioden, in denen Entscheidungen traditionell von den Älteren getroffen wurden, waren die Beziehungen zwischen Großeltern und den anderen Generationen formal und autoritär. Anders gestalten sich die Beziehungen, wenn die Älteren nicht über funktionelle Autorität verfügen – dann sind Beziehungen zwischen Großeltern und Enkeln oft wärmer und durch freundliche Gleichheit charakterisiert.
In unserer globalisierten Welt bietet es sich an, diese kulturellen Unterschiede zu erforschen und zu verstehen. Dies eröffnet die Möglichkeit, von anderen Kulturen zu lernen und neue Perspektiven auf die Rolle der Großeltern zu gewinnen.
Grenzen und Herausforderungen der Großelternrolle
Trotz aller Freude bringt die Großelternrolle auch Herausforderungen mit sich. Die Balance zwischen Unterstützung und Einmischung, zwischen Verfügbarkeit und Selbstbestimmung erfordert Fingerspitzengefühl von allen Beteiligten.
Konflikte mit den Eltern vermeiden
Ein häufiger Streitpunkt zwischen Generationen ist die Einmischung in die Erziehung. Wenn Großeltern die Regeln der Eltern missachten oder unterlaufen, ist Konflikt vorprogrammiert. Besonders bei unterschiedlichen Ansichten zu Ernährung, Schlafenszeiten oder Medienkonsum entstehen Spannungen. Für junge Eltern wirkt es oft, als traue man ihnen die Kindererziehung nicht zu, wenn ihre Regeln nicht respektiert werden.
Der Schlüssel zur Konfliktlösung liegt in offener Kommunikation. Anstatt Probleme anzustauen, hilft ein klärendes Gespräch – allerdings ohne Anschuldigungen und mit gegenseitigem Respekt. Die Eltern sollten konkrete Erziehungsregeln formulieren, während Großeltern diese akzeptieren, auch wenn sie andere Ansichten haben.
Überforderung und Rollenkonflikte
Werden Großeltern zu stark in die Betreuung eingebunden, kann dies negative Auswirkungen haben. Studien zeigen: Betreuen Großeltern mehr als 30 Stunden pro Woche ihre Enkel, kann dies zu gesundheitlichen Problemen führen – das Gedächtnis funktioniert schlechter, die Aufmerksamkeit lässt nach und Depressionen treten häufiger auf.
Viele Großeltern fühlen sich im Zwiespalt zwischen Hilfsbereitschaft und Überforderung. Sie möchten unterstützen, aber gleichzeitig nicht als selbstverständliche Betreuungsressource betrachtet werden. Besonders wichtig: Großeltern sollten weder versuchen, die besseren Eltern zu sein, noch sich als Ersatzeltern vereinnahmen lassen.
Selbstbestimmung und gesunde Distanz
"Eine Oma lässt sich nicht vereinnahmen! Sie hat ihr eigenes Gesetz!" – dieser Ausspruch einer älteren Dame aus Hamburg verdeutlicht treffend den Anspruch auf Selbstbestimmung. Tatsächlich sollten Großeltern lieber selbst bestimmen können, wie und wann sie sich um die Kinder kümmern.
Mit zunehmendem Alter der Enkelkinder verändert sich zwangsläufig auch die Beziehung. "Das Leben verändert sich. Als Oma stehe ich nicht mehr so sehr im Mittelpunkt und werde weniger gebraucht, weil die Enkelkinder größer werden und ihrer Wege gehen", beschreibt eine Großmutter diesen notwendigen Ablösungsprozess.
Für ein harmonisches Miteinander der Generationen sind daher konkrete Absprachen hilfreich. Psychotherapeuten empfehlen, feste Zeiten für die Enkelbetreuung zu vereinbaren und selbstbewusst die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren. Ein gegenseitiger Respekt vor der Selbstbestimmung aller Beteiligten trägt letztendlich zu einem guten Gelingen der familiären Beziehungen bei.
Fazit
Fazit: Die Balance zwischen Unterstützung und Selbstbestimmung
Großeltern sind zweifelsohne zu unverzichtbaren Säulen im modernen Familiengefüge geworden. Ihre Rolle hat sich dabei grundlegend gewandelt – vom patriarchalischen Familienoberhaupt hin zum aktiven Mitgestalter des Familienalltags. Diese Entwicklung bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich.
Besonders bemerkenswert erscheint die praktische Dimension: Fast 70 Prozent der Großeltern betreuen regelmäßig ihre Enkelkinder und leisten damit einen wirtschaftlichen Gegenwert von rund 25,7 Milliarden Euro jährlich. Dennoch geht es bei dieser Beziehung um weit mehr als Betreuungszeiten. Die emotionale Verbindung zwischen Großeltern und Enkeln bietet beiden Generationen tiefgreifende Vorteile – Kinder erhalten einen zweiten emotionalen Anker, während Großeltern ihre Werte und Lebenserfahrungen weitergeben können.
Gleichzeitig müssen alle Beteiligten gesunde Grenzen ziehen. Offene Kommunikation hilft dabei, Konflikte zu vermeiden und gegenseitigen Respekt zu fördern. Großeltern sollten daher weder als selbstverständliche Betreuungsressource betrachtet werden noch sich als Ersatzeltern vereinnahmen lassen.
Der Blick auf andere Kulturen zeigt zudem, wie unterschiedlich die Rolle von Großeltern weltweit interpretiert wird. Diese Vielfalt bietet wertvolle Anregungen für unsere eigene Familiengestaltung.
Letztendlich gilt: Eine ausgewogene Balance zwischen familiärer Unterstützung und persönlicher Selbstbestimmung bildet das Fundament für glückliche Generationenbeziehungen. Großeltern sollten deshalb durchaus ihre eigenen Bedürfnisse kommunizieren dürfen, ohne dass die familiäre Harmonie darunter leidet. Familien brauchen zwar die Unterstützung der älteren Generation, aber ebenso wichtig ist der respektvolle Umgang mit deren Grenzen und Wünschen.
Die moderne Großelternrolle erfordert somit Fingerspitzengefühl von allen Seiten – wird dieses beherzigt, profitieren letztlich alle Generationen von dieser besonderen Beziehung.
![]() | Marie Hoffmann ist leidenschaftliche Bloggerin und Expertin für Themen rund um Schwangerschaft, Babyalltag und Babyausstattung. Als Mutter von zwei Kindern kennt sie die kleinen und großen Herausforderungen, die junge Eltern täglich begleiten. Mit viel Einfühlungsvermögen und einer großen Portion Neugier teilt Marie ihre persönlichen Erfahrungen, gibt praktische Tipps und spricht offen über Unsicherheiten und Fragen, die viele Eltern beschäftigen. |
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